was sie schreiben.
Sie schreiben: einen Roman und einen Essay, Gedichte, eine Beschwerde, Haushaltsbuch, ein Examen, Liebesbriefe, Tagebuch und eine Kritik. Und dann lesen sie Korrektur. Wahrscheinlich schrieben sie etwas anderes. Aber es wäre so schön!
Anfang Januar. Ich bin so müde und die Stimmung ein wenig gedrückt. Alles ist immer zu grau. Es kommt mir der Gedanke, wie seltsam es ist, dass der moderne Mensch noch immer so enorm abhängig von dieser großen leuchtenden Kugel am Himmel ist. Es entsteht ein Kalender: 365 Tage Sonne. Die vorne auf den perforierten Marken gedruckten Sonnen unterscheiden sich alle untereinander. Auf der Rückseite die Zahlen von eins bis 365. So kann jeden Tag entschieden werden, ein Sonnenjahr zu beginnen. Die Sonnen werden verschenkt, als Lesezeichen in Büchern benutzt, zwischen den Seiten von Bibliotheksbüchern »vergessen«.
Dieses Buch ist zu dem Text »Liegend/Im Fall« von Uwe Warnke entstanden. Er handelt von einem Menschen, der Radio hört und versucht, das gehörte Musikstück einzuordnen. Der Text ist ein aus 49 Nebensätzen bestehender Fließtext. Durch die Umsetzung in emailliertem Stahlblech entsteht eine akustische Ebene beim Betrachten des Buchobjektes.
Die Arbeit befindet sich in der Sammlung des KOLUMBA Museums in Köln
Konglomerat –
lat. conglomerare
›zusammenballen‹
Das Künstlerbuch »Konglomerat« ist eine Auseinandersetzung mit
Zettelkästen. Bei Schriftsteller*innen und Philosoph*innen
die Gedächtnisse/ Denkmaschinen in vordigitalen Zeiten
Alltägliches, Weltfernes,
Gedichte, Fotos, Beobachtungen.
Verzetteln. Die Traumkiste füllen.
Kein vorne – kein hinten.
Finden ohne Suchen.
Ankündigungen ohne Endungen.
Archiv ohne Kopf.
Was erzählt der Stein? Ich befrage ihn, umkreise ihn fotografisch. Das Format und die Länge des Leporellos wird bestimmt durch die Größe des abgebildeten Steins, der einen Umfang von 6 Metern hat.
Da liegst du vor mir in deiner Endmoräne /
verschweige du mir mein Findling /
Zeiten /
gar Jahrhunderte.
Ein großes Geschiebe /
erratischer Block.
Zeuge der von Eiszeiten schweigt.
Ein assoziativer Gedankenraum zum Thema Menschen retten. Die Fotografie, die ich am Flughafen gemacht habe, sieht fast aus wie ein Leuchtturm. Wo ist die Grenze, bei der das Licht eines Scheinwerfers zur Rettung wird oder zur Gefahr? Ich entwickele einen Fragenkatalog zum Thema »Menschen retten«, den ich an Freund*innen und Bekannte schicke. Verpflichtet retten? Wie kann man Nichtretten rechtfertigen? Wie lange hält Rettung an? Die Antworten finden sich im Buchobjekt auf einem (Rettungs)Kissen. In der Bibliothek finde ich ein Buch, das heißt:
Allgemeines Rettungsbuch –
Herausgegeben von dem Verfasser Johann Heinrich Moritz von Poppe. Hannover, 1805
oder Anleitung vielerley Lebensgefahren,
welchen den Menschen zu Lande und
zu Wasser ausgesetzt sind,
vorzubeugen und sie aus diesen unausweichlichen
zu retten. Eine gekrönte Preisschrift
mit sehr vielen Zusätzen und Verbesserungen.
Eine Auswahl aus dem Register taucht als Hefter im Buchraum auf, zur Erweiterung des Gedankenraumes.
Buchedition zur Ausstellung »Jahrestag«
Der Titel dieser Arbeit ist die deutsche Übersetzung von „Toute la mémoire du monde“, dem Kurzfilm von Alain Resnais über die Nationalbibliothek in Paris. Das Thema des Archivs, der Versuch des Menschen, Wissen zu sortieren, zu bewahren, zieht sich durch meine künstlerische Arbeit.
Meine Diplomarbeit befasst sich in einer losen Art und Weise mit dieser Thematik. Ich finde im Schreiben eine Möglichkeit, Gelesenes, Gefundenes, Beobachtetes, Erfundendes zu kombinieren und zu einem geschlossenen Kosmos in der Erzählung »Tage die sich in Jahre fügen« zusammen zu bringen. Die zwei Protagonisten der Erzählung beobachten die Welt um sich herum, versuchen sie in eine für sie schlüssige Ordnung zu bringen – sie einzuordnen. Diese Sortierung der Wahrnehmung, die jeder Mensch vollzieht, beruht auf eigenen Erfahrungen, Stimmungen, Phantasien. Sie verortet die Protagonisten in ihrem Leben oder hilft ihnen, sich diesem zu entziehen. Aus dem wahrgenommenen alltäglichen Weltgeschehen entsteht wieder eine neue Welt, die sich als ein Gerüst zwischen verschiedenen Koordinatensystemen aufspannt.
Die Installation die zu dem Text entstanden ist, ist ein Hybrid zwischen Setzkasten und Bibliotheksregal.
Seine Wahrnehmung des Momentes hatte zu einer Art Vakuum geführt, welches ihn dazu gebracht hatte die Situatione überscharf zu beobachten. Die gefühlte Zeitschleife war vielleicht die Auflösung des Moments als Abfolge, die sich zufällig im Weltgeschehen an diesen beiden Orten ereignet hatte und die durch eine besondere Kombination aus Weltversatzstücken eingetreten war. Vielleicht war jedoch auch bloß er selbst das verknüpfende Element. Gab es keine tieferen Zusammenhänge als seine zufälligen Beobachtungen und sein Erinnern?
Auszug aus der Erzählung »Tage die sich in Jahre fügen«
Ich stelle eine Rechnung auf: Wieviele Minuten vom Tag sehe ich nichts durch die Summe des Reflex meiner Augen, dem Blinzeln im Dunkeln verbringe. Die mich erstaunende Antwort lautet eine Stunde. Das Künstlerbuch »Blinzeln« beschäftigt sich mit dieser Situation. Die Form des Buches referiert direkt auf das Blinzeln selber. Die Textebene ist ein von mir verfasstes Gedicht.
Ein Augenblick/
verschlägt meine Sicht/
was ist dieser?/
Die Interpunktion/
der in meinen Kopf dringenden Bilder?
schwarze Millisekunden/
als sichtlose Stunde/
in meinem Wachsein.
Dieses Nichtsehen/
sehe ich nicht.
In einem alten Silberbergwerk in der Nähe von Freiburg, lagert die deutsche Bundesrepublik seit den 70er auf Mikrofilm kopiertes „Kulturgut“ ein, zum Schutze vor einer Atomkatastrophe. Konserviert in modifizierten Bierfässern für 500 bis 1000 Jahre. Mich beschäftigt die Frage welches Bild ein solches Konglomerat an Informationen für nachfolgende Generationen generieren. Ich habe Kontakt mit dem Katastrophenschutz der mir Bildmaterial aus dem Stollen zu Verfügung stellt. Mit diesen Fotografien entstehen Imitationen von Mikrofilmstreifen. Der Betrachter kann sie auf spezielle Textstücke legen um Bild-, und Textinformationen zu verknüpfen.